Sind tierfreie Versuchsmethoden kostengünstiger?

Die Schweizerische Gesellschaft für Versuchstierkunde (SGV) antwortet auf der Website natur-wissenschaften.ch eindeutig auf diese Frage: «Ja, Untersuchungen an Gewebe- oder Zellkulturen sind oft kostengünstiger.» Sofern auch bei den Zellkulturen mit Zellmaterial gearbeitet wird, das nicht von Tieren stammt. Aber wieso werden denn immer noch so viele Versuche gemacht? Wir haben bei den Experten nachgefragt.

Starke Interessen seitens des Marktes für Tierversuche

2021 waren es gemäss Tierversuchsstatistik 2’374 bewilligte Projekte. Prof. Dr. Thomas Hartung schrieb 2008 in einem Bericht in der Zeitschrift ALTEX, dass geschätzt wird, dass ein durchschnittliches Projekt ungefähr 300.000 Euro über drei Jahre kostet. Im gleichen Bericht gibt er auch eine Antwort auf das Warum: «Das alleine ist ein riesiger Markt mit Geschäftsinteressen, Lobbyisten, usw.» Und weiter «Jemand, der ein Testlabor für Tierversuche unterhält, wird versuchen, einen Weg zu finden, dieses weiter betreiben zu können. Ein Experte der Planung, Durchführung und Interpretation von Tierversuchen wird eher dazu tendieren, diese Werkzeuge weiterhin anzuwenden.»

Tierversuche sind oft sehr langwierig, teuer und verbrauchen wissenschaftliche Ressourcen für einen relativ geringen Nutzen. Methoden ohne Tierversuche sind in der Regel viel schneller, billiger und können auch einen hohen Durchsatz aufweisen – sie ermöglichen die Prüfung einer großen Anzahl von Verbindungen in kurzer Zeit. Wenn menschliche Zellen oder biochemische Systeme verwendet werden, sind die Ergebnisse auch für menschliche Patienten und Verbraucher aussagekräftiger. Daher bieten tierversuchsfreie Methoden in der Regel auch einen viel größeren Nutzen für die eingesetzten Mittel

Prof. Dr. Andrew Knight

University of Winchester

Kampf gegen den Status Quo

Auch wenn eigentlich klar ist, dass tierfreie Methoden billiger sind und zudem auch noch bessere Ergebnisse liefern, haben sie es so schwer, weil sie gegen den Status Quo und gegen alle, die bei Veränderung des Status Quo etwas verlieren könnten, ankämpfen müssen. Unter diesem Aspekt erscheint auch die Aussage, dass es für viele Forschungsfragen noch keine tierfreien Methoden gibt, in einem neuen Licht. Die Frage lautet auch hier wieder: Wer würde etwas vom riesigen Forschungsgelder-Kuchen verlieren, wenn eine Methode umgestellt wird?

Umso wichtiger ist es, dass es Unternehmen gibt, die dem entgegenwirken. Unternehmen, die aufzeigen, dass sich tierfreie Methoden am Markt behaupten können und dass sie auch ökonomisch einen Nutzen haben. Wie zum Beispiel die Firma Epithelix aus Genf, welche der führende europäische Anbieter von in-vitro rekonstituiertem menschlichem Atmungsgewebe ist.

Die Verwendung tierfreier In-vitro-Methoden liefert relevantere Informationen über den Menschen, die das Risiko einer potenziellen Toxizität von Wirkstoffen oder der Unwirksamkeit von Arzneimitteln vor klinischen Versuchen verringern. Neuartige, auf menschlichen Zellen basierende Verfahren sind nun Entscheidungshilfen, die enorme Kosten einsparen.

Samuel Constant, Ph.D.

CEO, Epithelix Sàrl

Oder die Firma aQuaTox-Solutions aus Wallisellen, die sich der Mission verschrieben hat, Alternativen zu Versuchen mit Fischen in der Chemikalien-, Wasser-, und Fischfutterqualitätsanalyse zu entwickeln und für Kunden weltweit anzubieten.

Für ihre Alternativen setzt aQuaTox-Solutions vor allem auf kontinuierliche Fischzelllinien – das bekannteste Ihrer Angebote ist der OECD Test 249, bei dem mit Hilfe einer Zelllinie der Regenbogenforelle (RTgill-W1) die akute Fischtoxizität bestimmt werden kann. Über 4000 Fischen hat aQuaTox-Solutions allein letztes Jahr damit das Leben gerettet. Diese sogenannten in vitro Methoden sind aber nicht nur ethisch von Bedeutung. Kunden schätzen auch den hohen Testdurchsatz und die sehr geringen Mengen an benötigtem Probenmaterial.

Dr. Stephan Fischer

CEO, aQuaTox-Solutions GmbH

Neben diesen beiden Unternehmen gibt es viele weitere in der Schweiz und weltweit, die erfolgreich vollständig auf tierfreie Methoden setzen. Der Anteil im freien Markt ist aber noch gering. Und der Anteil in der Grundlagenforschung noch viel kleiner. Es braucht ein Umdenken, alte Zöpfe müssen abgeschnitten werden, damit eingesetzte Gelder wirklich effektiv eingesetzt werden.

Für eine Zukunft ohne Tierversuche

Animalfree Research setzt sich mit voller Kraft dafür ein, dass die unethischen, leidvollen und zudem ineffizienten Tierversuche bald der Vergangenheit angehören. Dank Ihrer Hilfe können wir uns auch weiterhin für dieses Ziel engagieren.