Die Tierversuchsstatistik 2023: Keine Wende in Sicht
Gemäss der heute veröffentlichten Tierversuchsstatistik 2023 ist die Zahl der eingesetzten Versuchstiere im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen. Sie bewegt sich seit vielen Jahren auf ähnlichem Niveau. Wir sehen weiterhin Handlungsbedarf und fordern einen Ausstiegsplan aus belastenden Tierversuchen. Auch Ständerätin Maya Graf hat diese Forderung kürzlich in einem Vorstoss aufgegriffen.
Zunahme der Tierversuche im Jahr 2023
2023 wurden in der Schweiz 595’305 Tiere in Tierversuchen eingesetzt. Das sind 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte dieser Tiere wurde einer Belastung (Schweregrade 1-3) ausgesetzt. Die Zahl der Tiere in den beiden höchsten Belastungsstufen (Schweregrade 2 und 3) stieg dabei im Vergleich zum Vorjahr um rund 5 Prozent an. Trotz gesetzlicher Vorschriften, einem 3R-Kompetenzzentrum und einem nationalen Forschungsprogramm bewegen sich die Tierversuchszahlen damit seit über 25 Jahren auf ähnlich hohem Niveau und betreffen allein in der Schweiz rund 600’000 Tiere pro Jahr. Es fehlt eine Strategie, die tierfreien Methoden zum Durchbruch verhilft.
Ausstiegsplan kann Wende bringen
Mit der Petition «Forschungsplatz Schweiz sichern» haben im April über 40’000 Personen und zahlreiche Organisationen die Forderung nach einem verbindlichen Ausstiegsplan in Bundesbern eingereicht. Sie wurde im Juni durch eine parlamentarische Initiative von Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) untermauert. Anstatt mit Verboten zu drohen, bietet ein Ausstiegsplan die Möglichkeit, zielgerichtet auf ein Ende belastender Tierversuche hinzuwirken.
Der Wunsch, etwas am Status Quo zu ändern, wird regelmässig von Forschung, Industrie und Politik geäussert. Vor konkreten Schritten schreckt man jedoch zurück. Ein Ausstiegsplan soll alle relevanten Akteure an Bord holen und deutlich machen, dass der Ausstieg nicht auf ewig hinausgezögert werden kann.
Schwerstes Tierleid hinter den Kulissen
Wie die neusten Zahlen zeigen, ist eine Trendwende dringend nötig: Die Zahl der verwendeten Versuchstiere stagniert, anstatt zu sinken. Besonders gravierend ist dabei, dass der Anteil Tierversuche der höchsten Belastungsstufe (Schweregrad 3) weiterhin sehr hoch ist. Insgesamt leidet ein Drittel der Tiere stark (Schweregrad 2, 165’525 Tiere) oder sehr stark (Schweregrad 3, 26’390), wobei Mäuse und Ratten sowie Fische am häufigsten betroffen sind. Um möglichst reproduzierbare Ergebnisse zu erhalten, werden Tierversuche unter standardisierten Bedingungen durchgeführt. Dies betrifft auch die Tiere: Sie werden auf Vorrat gezüchtet, um stets Tiere desselben Alters, Geschlechts, Gewichts und Genotyps zur Verfügung zu haben. Jene Tiere, die den Anforderungen der Experimente nicht genügen oder überzählig sind, werden als sogenannte «Überschusstiere» getötet. Die statistischen Daten lassen darauf schliessen, dass die Zahl dieser «Überschusstiere» jene der tatsächlich in Versuchen eingesetzten Tiere im Jahr 2023 – wie auch in den Vorjahren schon – deutlich übertraf.
Grundlagenforschung: Umstieg auf Alternativen nötig
Ebenfalls brisant: Ein Grossteil der Versuche – rund 55 Prozent – dient der Grundlagenforschung. Es geht also nicht um einen direkten Praxisnutzen, wie etwa das Testen eines potenziell lebensrettenden Wirkstoffes, sondern um das Verständnis biologischer und medizinischer Zusammenhänge. Nicolas Eichenberger, Vorstandsmitglied von Animal Rights Switzerland, sieht das kritisch: «Wir investieren jährlich Steuermillionen in tierbasierte Forschung, in der Hoffnung, dass sie Menschen in ferner Zukunft etwas bringt. Dabei vernachlässigen wir aber tierfreie Methoden, die ebenso viel oder mehr Nutzen haben könnten.» Er fordert, dass der Bund eine griffige Strategie erarbeitet, um tierfreie Methoden in der Grundlagenforschung besonders zu fördern.
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